Im Namen der Umwelt

Zum unrühmlichen Ende des MT100


Irgendwann in der nächsten Zeit werde ich mal zur Fachhochschule fahren. Dort steht verstaubt mein Prototyp für einen in Deutschland zulassbaren, neuen Fahrrad-Benzinmotor. Die Studenten und Professoren haben wohl auch irgendwann die Lust verloren, sich immer noch mehr einfallen lassen zu müssen.Ich hole ihn einfach zurück und baue mir etwas Lustiges daraus. Legal verkaufen lässt er sich in Deutschland jedenfalls nicht.

Was da eines Tages auf beschwerlichen Umwegen zu Düsselrad kam, war ein kleiner, rumänischer Zweitakter zum Anbau an das Heck eines Fahrrades. Samt Tank und allen restlichen Anbauteilen wäre der immer noch für kleines Geld gut zu verkaufen gewesen. Ein echter MAW-Urenkel - Quirlig, formschön und sogar relativ sauber. Es war Liebe auf den ersten Meter. "Hoh, das isses!" und "Juhu, wasn Spaß!!" reihum.

Dann wurde dienstlich wie privat beschlossen, eine Betriebserlaubnis zu erwirken, um ihn im Fahrradladen anbieten zu können.

Über zwei Jahre bin ich immer wieder mit einer Riege nötiger und nötigster Änderungen dort vorgefahren, vor diesem himmelhohen, millionenteuren, grauen Tempel des grauen Grauens: "TÜV Rheinland", "Am Grauen Stein" zu Köln. Mehr ein Stadtteil und mit eigener Autobahnabfahrt.


"Ja nein also das ist noch immer einen halben Stundenkilometer zu schnell".

Und wie laut das erst war: "Hören Sie dieses dunkle Brummen?"

Man hörte eigentlich fast nichts. Ganz leises bröttbröttrött. Grauen zieht den Nacken rauf: "Naja, wo Sie´s sagen...?"

"Das ist ein Ansauggeräusch. Deshalb die vielen Dezibel." Der graue Herr vom grauen Stein referiert über Frequenzen, die das Ohr zwar kaum wahrnimmt, den Zeiger seines Zauberkastens aber in Wallung bringen. Und der ganz allein zählt. Die Ansauggeräusche eines Dreißig-Kubik-Winzlings, der schon hinter einem kompletten Kleinmotorradluftfilter voller Krempel hechelt. Mann, Ansauggeräusche. Klar. Sterbenswichtig, vor allem in den Ausmaßen.

So hielt es sich dran, immer leiser, immer lahmer, bis er hinterher überhaupt nicht mehr lief. Insgesamt ein halbes Dutzend Vorführungen, TÜV-Rechnungen für mehrere Tausend Euro, Fracht, Nerven, Teile, alles für den Hund.

Weil er Benzin nimmt. Einen ganzen Liter auf Hundert.

Da muß natürlich alles getan werden, um schlimme Umweltverwüstungen auszuschließen. Einen Katalysator musste ich da reinpacken und ich weiß schon nicht mehr -zum Glück- was nicht noch alles, um diese grau bekittelte, diplomierte Spaßbremse froh zu machen.


"Jaa, und wir brauchen Lichtstrom" ...ach, ich will nicht mehr dran denken. Andere Fahrräder sind schneller kommen auch mit einem Dynamo aus. Allein diese Lichtstromregelung, die war von 1950 übriggeblieben.

An irgendeine "elektromagnetische Verträglichkeitsprüfung" erinnere ich mich noch, glaube ich, in diesem Zusammenhang. Jemand musste das mal einem Engländer oder Amerikaner übersetzen, und der kam darauf auch nur mit großem Gelächter klar, er verstehe zwar beide Worte, aber es gäbe doch überhaupt keinen Sinn? Hat länger gedauert. Preußen ist manchmal peinlich.

Ein schlechter Witz war das alles.

Solange der MT100 noch auf der Internetseite geführt wurde, riefen regelmäßig Leute deswegen an, im Schnitt alle paar Tage. Er wäre ein gutes Geschäft gewesen, und er hätte einer Menge Leute viel Freude gemacht. Geht nicht. Aber der Nachbar fährt mit seinem A8 jeden Tag zum Kippenautomaten, und Püppi mit dem Cayenne zum Kindergarten, das ist dann okay. Umwelttechnisch und so. Danke.